Ein Tag nach meiner Ankunft in Hanoi traf der Taifun Yagi Vietnam mit seiner vollen Wucht – der stärkste Sturm seit 30 Jahren. Mit 299 Toten, 34 Vermissten und über 1.900 Verletzten laut VNExpress waren die Auswirkungen katastrophal. Rund 240.000 Häuser wurden zerstört, Bäume entwurzelt und viele Regionen lahmgelegt. Inmitten dieses Chaos sollte mein Abendessen mit meiner Tante und meinem Onkel stattfinden – ein Treffen, auf das ich mich besonders gefreut hatte, da ich sie über sieben Jahre nicht gesehen hatte und wir ein enges Verhältnis haben.
Der Taifun durchkreuzte allerdings unsere Pläne. Am Abend wurde das Treffen verschoben, in der Hoffnung, dass sich die Lage am nächsten Tag bessern würde. Doch als ich erfuhr, dass bei meiner Tante und meinem Onkel ein Baum auf die Stromleitung gefallen war und sie ohne Strom waren, wurde klar, dass das Mittagessen erneut verschoben werden musste. In diesem Moment fühlte ich mich, als würde mir die Zeit davonlaufen. Meine Tage in Hanoi waren auf vier begrenzt, und der Gedanke, meine Familie nicht mehr sehen zu können, belastete mich.
Doch am dritten Tag, als sich das Wetter beruhigte, schafften wir es endlich, uns zu treffen. Das Wiedersehen war so warm und herzlich, dass es alle Verzögerungen wettmachte. Trotz der gesundheitlichen Probleme meines Onkels war die Stimmung fröhlich. Wir scherzten viel, und ich spürte, wie wichtig diese familiären Verbindungen für uns sind, besonders in Momenten, in denen äußere Umstände uns auf die Probe stellen.
Zum Abschied überraschte mich mein Onkel mit einem ganz besonderen Geschenk: Ein 25 Jahre altes Familienfoto, das seit Jahren im Wohnzimmer hing. Dieses Bild repräsentiert nicht nur unsere gemeinsame Vergangenheit, sondern auch den tiefen Zusammenhalt unserer Familie. Es war ein bewegender Moment, und ich fühlte mich so unglaublich dankbar, eine wunderbare Familie zu haben.
Der Taifun Yagi hat mir auf eindrucksvolle Weise gezeigt, wie unberechenbar das Leben sein kann. Pläne können von einem Moment auf den anderen zunichte gemacht werden, und doch sind es die familiären Bande, die uns durch solche Stürme tragen. Dieses Erlebnis hat mir die Kostbarkeit der Zeit mit den Menschen, die wir lieben, wieder einmal vor Augen geführt.